Hochschulseminar „Internationale außerschulische Jugendbildung“
Wie bereichern Begegnungsseminare in der deutsch-polnischen Grenzregion den Austausch zwischen Schülerinnen und Schüler der beiden Länder? Und wie kann eine solche Begegnung konzeptionell und didaktisch geplant werden? Mit den Methoden und Erfahrungen transnationaler politischer Bildungsarbeit setzten sich rund 32 Studierende aus den Universitäten in Hamburg, Poznan und Toruń in dem einwöchigen Hochschulseminar des Europäischen Zentrums für transnationale Partizipation auf Schloß Trebnitz vom 15. bis 22. November 2015 auseinander. Die Studierenden probierten die möglichen interkulturellen und gruppendynamischen Aktivitäten von Schülerbegegnungen selbst aus, reflektierten über ihre Erfahrungen mit dem Selbsterlebten und entwickelten anschließend ihre eigenen Seminarkonzepte.
Mit dem Hochschulseminar auf Schloß Trebnitz konnten zum ersten Mal Studierende gewonnen werden, die im Rahmen ihres Studiums einen Einblick in die außerschulische politische Bildung erhalten wollten. Dabei schlüpften die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst in die Rollen der Schüler und erlebten eine authentische transnationale Begegnung. Sie verbrachten eine Woche in der Bildungs- und Begegnungsstätte und erfuhren selbst, was es bedeutet, Teil einer deutsch-polnischen Begegnung zu sein. Methoden zur Gruppendynamik, der interkulturellen Verständigung und des Austauschs wurden gleichermaßen durchgeführt, sowie anschließend didaktisch, und für die Rahmenbedingungen von schulischer, vor allem aber außerschulischer politischer Bildung, hinterfragt.
Überdies wurden verschiedene Forschungsmethoden - wie wissenschaftliche Interviews und Umfragen, ethnografische Beobachtungen oder Forschungsprotokolle - diskutiert. Neben der Erarbeitung dieser Methoden sollte vor allem überlegt werden, in welchem Rahmen sie für die Untersuchung von transnationalen Jugendbegegnungen Anwendung finden können.
Ein besonderer Schwerpunkt des Seminars lag auf der derzeitig brisanten Flüchtlingslage und dem möglichen Beitrag der außerschulischen politischen Bildung bei der Vermittlung der Thematik. Sowohl in Deutschland als auch in Polen werden die Rufe nach einer Abriegelung der Grenzen, Obergrenzen oder gar einem Aufnahmestopp lauter. Die Studierenden sollten in binationalen Arbeitsgruppen mögliche Begegnungsprojekte für die Umsetzung in transnationalen Gruppen entwickeln, die für das Thema sensibilisieren, Ängste abbauen und die zur besseren Integration von Flüchtlingen in den Gesellschaften beitragen. Um sich ein besseres Bild von den Problemlagen für Flüchtlinge bei der Ankunft in Deutschland zu machen, wurde ein Workshop in Berlin besucht, der die Thematik der Fluchtgründe und des Asylrechts vertiefte.
In der großen Abschlusspräsentation am letzten Abend des Seminars stellten die Studierenden die erarbeiteten Seminarkonzepte vor. Bei allen Gruppen stand vor allem der Begegnungscharakter im Vordergrund, nicht nur zwischen den deutschen und polnischen Schülern, sondern auch mit den in der Region lebenden Flüchtlingen. Die Auseinandersetzung mit den Einzelschicksalen, den Herausforderungen bei der Asylbeantragung und der Überwindung von Kultur- und Sprachbarrieren hatten alle Konzepte gemein. Einige Gruppen schlugen vor, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Ergebnisse in Filmen oder Blogs festhalten sollen, bei anderen stand die Anfertigung eines Unterrichtsmaterials, die Inszenierung von Theaterszenen oder das zivilgesellschaftliche Engagement im Mittelpunkt. Die Endergebnisse beeindruckten nicht nur die Professoren und Dozenten der teilnehmenden Universitäten sondern auch die Mitarbeiter von Schloß Trebnitz e.V.
Nun werden die Studierenden ihre Projektvorschläge weiterentwickeln und konkretisieren. Im Frühjahr 2016 haben sie zudem die Möglichkeit, die erlernten wissenschaftlichen Methoden in der Erforschung von Jugendbegegnungen auf Schloß Trebnitz auszuprobieren und einzelne Aspekte der außerschulischen politischen Bildung genauer zu untersuchen. Die Ergebnisse dieser Praxisforschung, sowie die weiter ausgearbeiteten Seminarkonzepte werden die Studierenden dann auf einer Abschlusskonferenz vom 27. bis 29. Mai 2016 in Trebnitz vorstellen.
Soeren Riedmann